eJustizakte-Applikation (JAA)

Akten zu Justizverfahren werden künftig digital geführt, die elektronische Akte wird die führende Akte in den Justizbehörden sein. Deshalb braucht es ein System zum effizienten und benutzerfreundlichen Arbeiten mit der eAkte. Dieses umfasst das revisionssichere Verwalten der Akten, die Aufgabenverwaltung und -zuweisung beziehungsweise ein Werkzeug für das Arbeiten mit PDF-Dokumenten und Aktenstücken. Diese technische Lösung, die eJustizakte-Applikation (JAA), wird die bestehenden Fachapplikationen (Juris, Tribuna, Individualentwicklungen), welche Informationen zur Verfahrenskontrolle oder Daten zu den Verfahrensbeteiligten enthalten, nicht ersetzen, sondern ergänzen. Justitia 4.0 hat den Auftrag, den Justizbehörden eine JAA zur Verfügung zu stellen.

Im Berichtsjahr wurden in diesem Projekt folgende Aktivitäten im Rahmen der Initialisierungsphase durchgeführt:

Weiterführung der Machbarkeitsstudie

Mit der Machbarkeitsstudie wurde evaluiert, ob die österreichische Version einer JAA, der seit Jahren genutzte österreichische digitale Justizarbeitsplatz, für einen breiten Einsatz in der Schweizer Justiz geeignet ist.

Im Berichtsjahr wurden sogenannte «Proofs of Concept (PoC)» mit drei Studienpartnern durchgeführt:

  • dem Kanton Bern, welcher bei den Gerichten die Fachapplikation Tribuna einsetzt;
  • den Gerichten des Kantons Aargau, welcher die Fachapplikation Juris im Einsatz hat;
  • sowie dem Kanton Genf mit einer selber entwickelten Fachapplikation.


Folgende Aspekte der österreichischen Lösung wurden beurteilt:

  • die Integrierbarkeit mit bestehenden Fachapplikationen (Juris, Tribuna und Eigenentwicklung)
  • die Mehrsprachigkeit
  • die Quellcodequalität in Bezug auf eine Übernahme und Weiterentwicklung
  • die Organisation des österreichischen Justizministeriums für die Bereitstellung der Lösung
  • die Betreibbarkeit der Lösung bei den etablierten IT-Betreibern der Studienpartnern

 

Die Studie wurde mit den Studienpartnern unter Federführung des österreichischen Justizministeriums durchgeführt. Die drei umfassenden Studien und das Code-Assessment wurden bis Ende 2022 erfolgreich abgeschlossen. Die Redaktion des Abschlussberichtes sowie die Präsentation der Resultate stehen im ersten Quartal 2023 an. Die Resultate sind wichtige Grundlagen für den Entscheid, ob eine Marktlösung beschafft oder der österreichische digitale Justizarbeitsplatz übernommen, angepasst und weiterentwickelt wird.

Vorbereitung des Variantenentscheids

Nachdem verschiedene bestehende JAA-Lösungen aus dem In- und Ausland analysiert wurden, entschied der Projektausschuss, zwei Varianten einer Beschaffung vertiefter zu prüfen: die Übernahme der österreichischen Lösung sowie die Beschaffung einer JAA auf dem Markt. Die beiden Varianten sollen namentlich im Hinblick auf den im ersten Halbjahr 2023 geplanten Variantenentscheid mittels im Voraus festgelegten Kriterien bezüglich Qualität, Zeitverhältnisse, Risiken, Kosten und Governance verglichen werden.

Governance der JAA-Allianz

Im Gegensatz zur Nutzung der Plattform «Justitia.Swiss» ist der Bezug der JAA durch die Justizbehörden freiwillig. Allerdings hat sich in einer Umfrage im Jahr 2021 die Mehrheit der Justizbehörden dafür ausgesprochen, eine durch Justitia 4.0 bereit gestellte JAA zu nutzen. Mit dem Inkrafttreten des BEKJ sind sie verpflichtet, ihre Akten elektronisch zu führen.

Voraussetzung für die gemeinsame Realisierung der JAA ist eine effektive Governance, welche die Bereitstellung steuert und föderal verankert. Die erarbeitete Governance der JAA-Allianz dient als Vereinbarung zwischen allen beteiligten Akteuren. Sie beschreibt die Art der Mitglieder, die Grundsätze der Zusammenarbeit, die Organisation der Allianz, insbesondere die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen der Gremien, sowie die Finanzierungsgrundsätze.

Eine erste Fassung dieser Governance wurde im Berichtsjahr erarbeitet, im Januar 2023 durch den Projektausschuss abgenommen und dem Steuerungsausschuss weitergeleitet.

Grobanforderungen an die JAA

Dieses Dokument enthält, basierend auf den in den Fachgruppen (Gerichte, Staatsanwaltschaften, IT-Sicherheit und Architektur) erarbeiteten Bedürfnissen, die Grobanforderungen an die JAA. Der gewünschte Funktionsumfang der zukünftigen JAA sowie die Schnittstellen zu Umsystemen wie den Fachapplikationen sind beschrieben. Das Dokument wurde im Berichtsjahr erarbeitet und bildet ein wichtiges Grundlagenpapier für eine allfällige WTO-Ausschreibung der JAA. Diese Grobanforderungen wurden im Januar 2023 durch den Projektausschuss genehmigt.

Nächste Schritte

Im ersten Halbjahr 2023 sollen die Leitungsgremien des Gesamtprojekts (Projektausschuss und Steuerungsausschuss) entscheiden, ob sie eine Übernahme einer bestehenden staatlichen Lösung oder eine WTO-Beschaffung bevorzugen.